Somatoforme Störungen
Leitbeschwerden
- Die meisten Erkrankten haben eine lange Patientenkarriere hinter sich, da sie schon meist über Jahre hinweg an der entsprechenden Symptomatik leiden.
29m42|Schwankschwindel : Gefühl, als schwanke der Boden, auf dem man läuft. Häufig besteht eine ausgeprägte Gangunsicherheit.- Magen-Darm-Beschwerden: Bauchschmerzen, Übelkeit, Gefühl von Überblähung, Erbrechen, häufiger Durchfall.
- Herzbeschwerden: Atemlosigkeit, Brustschmerzen, Herzstiche.
- Harnwegsbeschwerden: Harndrang oder Harnverhalten, Schmerzen und Missempfindungen im Genitalbereich, Scheidenausfluss.
- Haut- und Schmerzbeschwerden: Flecken oder Farbveränderungen auf der Haut, Taubheit, Kribbelgefühl, Schmerzen in den Gliedmaßen.
58j58|Orthopädische Beschwerden, z. B. in der Lendenwirbelregion.- Die Patienten befürchten, dass der Arzt etwas übersehen haben könnte oder nicht genau genug untersucht hat. Die Folge: Sie wechseln von einem Arzt zum anderen („doctor shopping“).
- Die Symptomatik verstärkt sich bei zusätzlichem Stress (z. B. familiären Problemen).
Wann zum Arzt
Bei somatoformen Störungen gehen die Patienten eher zu häufig zum Arzt und konsultieren meist auch unabhängig voneinander verschiedene Ärzte gleichzeitig. Die Erkrankten verursachen dadurch nicht nur hohe Kosten im Gesundheitssystem, sondern schädigen auch die eigene Gesundheit, indem sie z. B. Röntgenaufnahmen bei verschiedenen Ärzten mehrfach wiederholen oder sich verschiedene Medikamente verordnen lassen, die sie dann auch alle einnehmen – mit den Folgen von unübersehbaren Wechselwirkungen und entsprechenden gesundheitlichen Risiken.
Die Erkrankung
Als Ursache für die Entstehung somatoformer Störungen gilt eine gestörte Verarbeitung unterschiedlichster Belastungen:
Biografische Belastung. Patienten mit psychosomatischen Störungen sind in ihrem Leben überdurchschnittlich vielen und starken Belastungsfaktoren ausgesetzt: finanzielle Probleme, Scheidung, psychische Erkrankung von Familienangehörigen, Verlust von nahen Bezugspersonen, Erlebnisse von sexuellem Missbrauch und körperlicher Misshandlung.
Emotionale Belastung. Fast alle Patienten mit psychosomatischen Störungen leiden auch an
Menschen, die an somatoformen Störungen leiden, werden oft belächelt und als wehleidig oder gar als Simulanten angesehen. Dabei bilden sich die Erkrankten ihre Beschwerden keinesfalls nur ein, sondern leiden erheblich an den Symptomen wie Schmerzen, Herzbeschwerden oder ständiger Müdigkeit. Die Überzeugung, von einer unerkannten, schweren Erkrankung betroffen zu sein, führt bei vielen Betroffenen zusätzlich zu Angstzuständen und Verzweiflung ? vor allem dann, wenn der Zustand unverändert andauert oder bereits mehrere gescheiterte Behandlungsversuche und diagnostische Prozeduren durchgeführt wurden.
Das macht der Arzt oder Therapeut
Der Hausarzt wird zunächst immer abklären, ob organische Ursachen für die Beschwerden vorliegen. Wenn er aber nach wiederholten Untersuchungen keine Ursache findet und die Symptome trotz mehrerer Behandlungsversuche länger als sechs Monate bestehen bleiben, hat der Arzt eine schwierige Aufgabe: Er muss dem Patienten vermitteln, dass keine organische Störung vorliegt. Dies erfordert viel psychologisches Fingerspitzengefühl. Sowohl dem Arzt als auch dem Patienten muss dabei klar sein, dass es sich nicht um eine eingebildete Erkrankung handelt. Vielmehr leidet der Erkrankte an einer ernsthaften Störung, die auch behandelt werden muss – nur eben nicht mit Medikamenten oder Operationen.
Eine stationäre Behandlung in einer psychosomatischen Klinik kann bei einer schweren und lang andauernden Symptomatik erforderlich sein.
Eine Therapie mit Psychopharmaka wird nicht empfohlen.
Psychotherapie. Wenn der Arzt erklärt, dass die Symptome psychisch bedingt sein könnten und als Behandlung eine
Prognose
Die Aussichten auf Therapieerfolg sind grundsätzlich positiv, wenn der Patient sein Festhalten an organischen Ursachen aufgibt und eine psychotherapeutische Behandlung akzeptiert. Die Therapie einer somatoformen Störung wird aber umso schwieriger und langwieriger, je länger die Erkrankung bereits (unbehandelt) besteht.
Selbsthilfe
Selbsthilfegruppen sind bei dieser Erkrankung nicht von Vorteil, da sich die Teilnehmer meist gegenseitig in ihren Beschwerden und den organisch begründeten Erklärungsmodellen bestärken.
„Mir liegt ein Problem im Magen“, „Ihm ist eine Laus über die Leber gelaufen“ – das Wechselspiel zwischen Körper und Seele ist auch dem Volksmund bekannt. Bei immer wiederkehrenden Beschwerden sollten sich Betroffene diesen ganzheitlichen Zusammenhang wieder bewusst machen und versuchen, sich selbst zu fragen: Was sitzt mir wirklich im Nacken, wenn ich ständig unter Verspannungen leide? Welche Angst rumort in meinem Bauch, wenn ich oft unter Blähungen leide? Dieser Wechsel der Sichtweise kann schon auf die richtige Spur führen.