Unterarmbruch

Unterarmbruch: Isolierter Bruch von einem der beiden Unterarmknochen – als Ellenbruch (Ulnafraktur) oder Speichenbruch (Radiusfraktur) – oder beider Unterarmknochen zugleich als kompletter Unterarmbruch. Am häufigsten ist die Speiche betroffen, etwas seltener beide Unterarmknochen, in Ausnahmefällen nur die Elle. Als Ursache findet sich meist ein Sturz auf den ausgestreckten Arm. Brüche im Schaftbereich des Unterarms werden bei Erwachsenen fast immer operiert, Brüche am Handgelenk dagegen nur bei stärkerer Verschiebung. Wenn keine nennenswerte Fehlstellung verbleibt, heilen Unterarmbrüche in der Regel ohne bleibende Beschwerden oder Funktionseinbußen.

Leitbeschwerden

  • Starke, bewegungsabhängige Schmerzen in Unterarm und/oder Handgelenk mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung
  • Zunehmende Schwellung an Unterarm oder Handgelenk
  • Häufig sichtbare Fehlstellung (Abknickung des Unterarms in Gabelstellung oder Bajonettstellung des Handgelenks)

Wann zum Arzt

Noch am selben Tag, wenn nach einem Sturz die oben genannten Beschwerden auftreten.

Die Erkrankung

Bei Brüchen, die sehr nah am Handgelenk liegen, spricht der Arzt oft von „gebrochenem Handgelenk“, was jedoch medizinisch nicht korrekt ist. Meist handelt es sich dabei um einen körperfernen, also distalen Speichenbruch (distale Radiusfraktur), den häufigsten Knochenbruch des gesamten Körpers.

Typische Ursachen von Unterarmbrüchen sind – neben dem Sturz auf den ausgestreckten Arm – gewaltsame Verbiegungen, Stauchungen oder Verdrehungen des Unterarms bei Verkehrsunfällen. Seltener führt ein direkter Anprall zu der Verletzung, etwa bei der Abwehr eines Schlags (Parierfraktur). Eine seltene, aber gefürchtete Komplikation bei allen Unterarm- und Handgelenkbrüchen ist die Sudeck-Erkrankung.

Bei der Sudeck-Erkrankung (Morbus Sudeck, komplexes regionales Schmerzsyndrom Typ I) handelt es sich um eine chronische Schmerzkrankheit, die in seltenen Fällen nach (eventuell geringfügigen) Verletzungen und Operationen auftritt. Der gesamte Heilungsverlauf ist dabei gestört; es entsteht eine fortschreitende Ernährungsstörung (Dystrophie), die im Endstadium zum Funktionsverlust des erkrankten Körperteils führt. Die genauen Ursachen sind nicht bekannt; neuerdings diskutieren Wissenschaftler eine Störung der Schmerzweiterleitung in Rückenmark und Gehirn. Als Risikofaktoren gelten eine ungenügende Ruhigstellung und andauernde Schmerzen besonders nach Brüchen des Handgelenks oder der Handwurzel.

Typisch ist ein stadienhafter Verlauf: Im Stadium I tritt eine akute Entzündung mit brennenden Ruhe- und Bewegungsschmerzen, Berührungsempfindlichkeit, Schwitzen, teigiger Schwellung und Überwärmung der Hand auf, meist sechs bis acht Wochen nach dem Unfall oder der Operation. Im Stadium II, nach etwa zwei bis drei Monaten, schwillt die Hand ab; die Ruheschmerzen bessern sich. Es zeigt sich jedoch zunehmend eine Durchblutungs- und Ernährungsstörung mit kühler, blasser Haut und Steifwerden der Gelenke. Im Stadium III, nach 3–16 Monaten, ist ein deutlicher Muskelabbau mit Kraftminderung und Muskelverkürzung feststellbar. Hand- und Fingergelenke lassen sich nur noch eingeschränkt bewegen. Die Übergänge zwischen den Stadien sind fließend. In den ersten beiden Stadien kann die Sudeck-Erkrankung heilen; im Stadium III sind die Veränderungen nicht mehr rückgängig zu machen. Die Therapie besteht im Stadium I v. a. in Ruhigstellung, in Stadium II und III vorwiegend in aktiven Bewegungsübungen. Je nach Krankheitsverlauf erfolgt daneben eine Behandlung mit Schmerzmitteln, z. B. NSAR, Kortisonpräparaten, Nervenblockaden und physikalischer Therapie, z. B. Lymphdrainage, Reizstrom. Die besten Chancen für eine Heilung sind dann gegeben, wenn die Therapie möglichst frühzeitig beginnt.

Das macht der Arzt

Den Unterarmbruch erkennt der Arzt meist sofort an der typischen Schonhaltung, bei der die gesunde Hand den verletzten und schmerzenden Arm abstützt. Ein Druckschmerz an typischer Stelle des Unterarms bestätigt die Diagnose. Als sicheres Knochenbruchzeichen gilt eine sichtbare Fehlstellung des Unterarms oder Handgelenks. Röntgenaufnahmen sichern die Diagnose und helfen dem Arzt bei der Therapieentscheidung.

Brüche im Schaftbereich der Unterarmknochen werden heute bei Erwachsenen fast immer mit einer Platte verschraubt. Bei Verzicht auf eine Operation drohen bleibende Fehlstellungen, die in Kombination mit der erforderlichen, langen Ruhigstellung häufig die spätere Beweglichkeit des Arms mindern. Betroffen ist dabei insbesondere die Umwendbewegung des Unterarms, die im Alltag eine wichtige Rolle spielt. Nach der Operation erübrigt sich eine Ruhigstellung im Gips. Jedoch sind erst nach vier Monaten stärkere Belastungen erlaubt, etwa das Heben schwerer Lasten oder das Abstützen auf dem operierten Arm. Wenn die eingebrachten Metallteile keine Beschwerden verursachen, bleiben sie im Knochen. Ansonsten werden sie eineinhalb bis zwei Jahre nach der Operation entfernt.

Für eine konservative Behandlung eignen sich unverschobene, isolierte Ellen- oder Speichenschaftbrüche sowie Unterarmschaftbrüche bei Kindern und bei Patienten mit stark erhöhtem Operationsrisiko. Je nach Fortschreiten der Bruchheilung sind vier bis zehn Wochen Ruhigstellung erforderlich, zunächst in einer Oberarmgipsschiene, dann im geschlossenen Oberarmgips.

Ellen- und Speichenbrüche in Nähe des Handgelenks wird der Arzt operativ stabilisieren, wenn sie stärker verschoben sind. Das gilt insbesondere dann, wenn sie die Gelenkfläche einbeziehen. Bei wenig verschobenen Brüchen ist oft eine konservative Behandlung ausreichend. Dabei richtet der Arzt zunächst den Bruch in örtlicher Betäubung oder einer kurzen Narkose ein. Anschließend legt er, je nach Lage des Bruchs, eine Ober- oder Unterarmschiene aus Gips an. Wenn die Weichteile nach einigen Tagen abgeschwollen sind, ersetzt er die offene Schiene durch einen rundum geschlossenen Gipsverband, der weitere vier bis sechs Wochen verbleibt. Röntgenkontrollen helfen dem Arzt gegebenenfalls, den Heilungsfortschritt zu überwachen. Stellt er trotz Gipsruhigstellung ein Verrutschen der Bruchstücke fest, wird er doch noch zur Operation raten.

Zur operativen Stabilisierung verwendet der Chirurg je nach Bruchform Drähte, Schrauben und Metallplatten, bei Weichteilverletzungen oder ausgeprägter Knochenzertrümmerung auch einen äußeren Spanner. Auf eine zusätzliche Gipsruhigstellung wird meist verzichtet. Drähte und Spanner entfernt der Arzt bereits nach vier bis sechs Wochen, Schrauben und Platten meist erst nach sechs bis zwölf Monaten.

Bei Kindern führt ein Sturz auf den ausgestreckten Arm oft zu einer Wulstfraktur oder einem Grünholzbruch des Unterarms. Ähnlich wie bei einem grünen Ast sind dabei die Bruchstücke nicht vollständig voneinander getrennt, sondern noch von Teilen der äußeren Knochenhaut (in Analogie zur Baumrinde) zusammengehalten. Bei den häufigen Brüchen am körperfernen Speichenende reicht eine Ruhigstellung von zwei bis drei Wochen Dauer, da sie stabil sind und sehr rasch verheilen.

Generell wird bei kindlichen Knochenbrüchen eine mäßige Abknickung oder Verschiebung eher toleriert als bei Erwachsenen, da sich eine Fehlstellung durch das weitere Knochenwachstum meist wieder ausgleicht. Ist dennoch eine Operation notwendig, bieten sich je nach Verletzungsform zwei Techniken an: Brüche im Schaftbereich stabilisiert der Chirurg meist mit einem elastischen Nagel, den er in die Markhöhle einbringt. Bei Brüchen in Gelenknähe verwendet er dagegen dünne, den Knochen kreuzende Drähte.

Selbsthilfe

Eine sofortige Kühlung mit Eisbeuteln oder Kühlpacks (siehe P.E.C.H.-Schema) lindert die Schmerzen und verringert die Schwellung. Beim Transport zum Arzt schmerzt der verletzte Arm oft weniger, wenn er angewinkelt und mit einem Tuch oder Kleidungsstück vor der Brust gehalten wird.

Komplementärmedizin

Zur Linderung der Schmerzen sowie zur Unterstützung des Heilungsprozesses kommen bei Handgelenk- und Unterarmbrüchen als komplementärmedizinische Maßnahmen v. a. Magnettherapie, Homöopathie und Akupunktur in Betracht.