Gutartige Prostatavergrößerung

(Gutartige) Prostatavergrößerung (BPS = Benignes Prostatasyndrom, BPH = Benigne Prostatahyperplasie, Prostataadenom): Bereits ab etwa dem 30. Lebensjahr beginnende, über Jahre langsam fortschreitende Vergrößerung der Drüsen der inneren Prostataanteile (die der Harnröhre anliegen), infolge hormoneller Veränderungen, die sich mit zunehmendem Alter einstellen. Eine der häufigsten Erkrankungen im höheren Alter; etwa 50 % der Männer über 50, 70 % der Siebzigjährigen sowie 90 % der Achtzigjährigen sind betroffen. Zunächst helfen Medikamente, oft aber ist früher oder später ein operativer Eingriff erforderlich, um die Blasenentleerung wieder zu gewährleisten.

Leitbeschwerden

  • Erste Beschwerden: Startverzögerung beim Wasserlassen, schwächerer Harnstrahl sowie Nachträufeln des Harns
  • Häufiges nächtliches Wasserlassen, dann auch tagsüber häufigerer Harndrang, mit gelegentlichem unwillkürlichem Urinabgang
  • Gefühl der unvollständigen Blasenentleerung (Anstieg des Restharns, eventuell Beschwerden wie bei einer Blasenentzündung)

Wann zum Arzt

In den nächsten Wochen bei häufigerem Wasserlassen und Harnstrahlabschwächung.

Am nächsten Tag bei schmerzhaftem Wasserlassen oder bei blutigem Urin (oft Blutung aus Prostatavenen).

Sofort bei 

  • Harnverhalt (Unmöglichkeit des Wasserlassens) oder bei andauerndem, unkontrollierbarem Verlust kleinerer Urinmengen („Überlaufblase“).
  • Nierenschmerzen (Infektion oder Rückstau von Urin bis in die Nieren).

Die Erkrankung

Die etwa kastaniengroße Prostata liegt unterhalb der Blase auf dem Beckenboden und produziert die Hauptmenge des Ejakulats. Mehrere Faktoren führen mit zunehmendem Alter zu einer Vergrößerung der Prostata. Bei der Mehrzahl der Männer ab dem 50. Lebensjahr geraten die Sexualhormone aus dem Gleichgewicht: Hierfür scheint eine vermehrte Umwandlung von Testosteron in das Abbauprodukt Dihydrotestosteron (DHT) innerhalb der Prostata verantwortlich zu sein.

Aufgrund dieses hormonellen Ungleichgewichts vermehrt sich das Prostatagewebe, wodurch die Harnröhre zunehmend eingeengt wird. Deswegen entleert sich die Blase schlechter – es verbleibt ein Urinrest in der Blase - Restharn – und der Druck beim Wasserlassen steigt. Um den vermehrten Kraftaufwand leisten zu können, wachsen und verdicken sich die Muskelzüge in der Blase, und es entsteht eine so genannte Balkenblase. Diese verstärkt nun die Einengung der Harnleitermündungen, wodurch sich der Urin bis in die Nieren zurückstauen kann. Erhöhte Restharnmengen erhöhen die Gefahr für Infektionen und schließlich öffnet sich der Blasenauslass überhaupt nicht mehr, so dass ein schmerzhafter Harnverhalt entsteht. Bildet sich der Harnverhalt hingegen langsam, so gehen unkontrolliert immer wieder kleine Urinmengen ab, die das Fassungsvermögen der bereits vollen Blase übersteigen – der Mediziner nennt dies eine Überlaufinkontinenz.

Alle diese Beschwerden erzwingen bei der Mehrzahl der Männer früher oder später eine invasive Therapie in Form einer Operation. Selbst wenn diese erfolgreich verläuft, treten in manchen Fällen die gleichen charakteristischen Beschwerden einige Jahre später erneut auf, wenn die restlichen verbliebenen Prostatazellverbände weiterhin wachsen.

Das macht der Arzt

Diagnosesicherung. Zunächst fragt der Arzt den Patienten nach der durchschnittlichen Häufigkeit des Wasserlassens tagsüber und nachts und nach den Beschwerden, wozu viele Ärzte einen standardisierten Fragebogen wie z. B. den IPPS (Internationaler Prostata-Symptomen-Score-Test) nutzen. Da viele Medikamente wie z. B. Antidepressiva das Wasserlassen beeinträchtigen, sollte der Patient eingenommene Medikamente mit dem Arzt besprechen.

Als nächstes folgt eine Prostata-Tastuntersuchung, um mögliche Verhärtungen und die ungefähre Größe der Prostata (normalerweise ~ 20 Gramm = 20 Milliliter) festzustellen. Für eine genauere Beurteilung des Prostatagewebes verwendet der Arzt den TRUS. Zusätzlich wird ein „normaler“ Ultraschall durchgeführt, um eine Stauung von Urin in den Nieren auszuschließen und die Restharnmenge zu bestimmen, die 50 Milliliter nicht übersteigen darf.

Mit einer Urinuntersuchung prüft der Arzt, ob eine Harnwegsinfektion vorliegt; die Kontrolle des Kreatininwerts im Blut gibt Aufschluss darüber, ob eine Nierenschädigung schon besteht.

Um einen eventuell gleichzeitig bestehenden Prostatakrebs mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ausschließen zu können, wird die Konzentration des prostataspezifischen Antigens (PSA) im Labor bestimmt.

Eine Blasenspiegelung ermöglicht es dem Arzt, weitere Erkrankungen – beispielsweise der Blase – auszuschließen und einen Blick auf die Prostata von der Harnröhre aus zu werfen. Sie wird meist eingesetzt, wenn eine medikamentöse Therapie versagt oder wenn Harnverhalt oder Blut im Urin (Hämaturie) auftreten. Mit einem Ausscheidungsurogramm werden der Verlauf des oberen Harntrakts sowie gegebenenfalls Harnleitersteine sichtbar gemacht. In unklaren Fällen, wenn z. B. zusätzliche Störungen des Blasenmuskels wie bei Diabetes vorliegen, sollte vor einer geplanten Operation auch eine komplette Urodynamik durchgeführt werden.

Wichtig für die Therapieplanung ist die isolierte Harnstrahlmessung. Hierfür erscheint der Patient mit gut gefüllter Blase in der Praxis und lässt dann beim Auftreten von Harndrang durch eine Art Trichter Wasser. Die aufgezeichnete Kurve liefert zusammen mit der Restharnmenge und den Beschwerden des Patienten die Entscheidungsgrundlage für die Art der Behandlung:

Medikamentöse Therapie. Bei noch weitgehend normalen Werten von maximalem Harnstrahl und Restharn kann auf eine Therapie zunächst verzichtet werden (kompensiertes Prostataadenom). Viele Ärzte empfehlen jedoch in der Regel schon jetzt die Einnahme von pflanzlichen Mitteln (Phytotherapeutika), um das Fortschreiten der Prostatavergrößerung zu verlangsamen. Sie enthalten Phytosterine, die hormonähnliche Wirkungen haben. Am häufigsten werden folgende Substanzen verordnet– einzeln oder in Kombinationspräparaten –, wobei keine der Substanzen eine eindeutige Überlegenheit gegenüber den anderen nachweist, und evidenzbasierte Untersuchungen ihre Wirksamkeit generell in Frage stellen.

  • Sägepalmenfrüchte (Zwergpalmenfrüchte, Sabal z. B. Prostagutt®)
  • Kürbiskerne und Kürbiskernsamen (z. B. Granu Fink®)
  • Brennnesselwurzel (z. B. Prostaforton®)
  • Roggenpollen (z. B. Cernilton®)
  • Vitamin-B6-Präparate

Neueste Studien stellen sogar den wachstumshemmenden Effekt auf die Prostata insgesamt in Frage. Zudem gibt es keine wissenschaftlichen Belege, dass Kürbiskern-Präparate die Prostata abschwellen lassen. Um einen tatsächlichen Effekt zu erzielen, müsste ein erwachsener Mann gut 1,5 kg Kürbiskerne pro Tag essen.

In den Anfangsstadien vermindern diese Substanzen die Häufigkeit des Wasserlassens tagsüber und nachts, der Harnstrahl verbessert sich und die Restharnmenge wird geringer. Zwar sind alle diese Effekte nicht so stark wie bei den Alphablockern, dafür gibt es bei diesen pflanzlichen Mitteln aber abgesehen von leichten Magen-Darm-Beschwerden keinerlei Nebenwirkungen.

Die Kosten für pflanzliche Arzneimittel werden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht mehr getragen.

Wenn hingegen der Urinstrahl deutlich eingeschränkt ist, wird der Arzt Alphablocker (z. B. Tamsulosin: Omnic®, Alna® und Prostadil®) empfehlen, die den Blasenauslass öffnen. Sie sind jedoch nicht frei von Nebenwirkungen, am häufigsten treten Blutdruckabfall und Schwindel auf.

Ist die Prostata auf über 40 ml vergrößert, verschreibt der Arzt alternativ die enzymhemmenden 5-Alpha-Reduktase-Hemmer wie z. B. Finasterid (Proscar®) oder Dutasterid (Avodart®). Sie wirken auf den Testosteronstoffwechsel ein und verringern dadurch das Prostatavolumen, haben aber einige Nebenwirkungen: Hauptsächlich verfälschen sie den PSA-Wert und können zu Impotenz führen.

Dennoch sind diese beiden Medikamentengruppen gut wirksam und dabei relativ nebenwirkungsarm.

Akuttherapie. Bei Restharnmengen ab ~ 100 ml, einer Überlaufblase und als Sofortmaßnahme beim kompletten Harnverhalt muss die Blase über einen Katheter vollständig entleert werden. Die Katheterisierung führt der Urologe durch, notfalls auch jeder Hausarzt. Am einfachsten ist der natürliche Zugang durch den Penis (transurethraler Katheter).

Wenn der Patient operiert werden kann, schließt sich in den Folgetagen die operative Therapie an – ist dies zunächst nicht möglich, muss der Katheter als Dauerkatheter in der Blase belassen werden. Vor allem beim transurethralen Katheter besteht die Gefahr risikoreicher Infektionen. Da inzwischen mehrere minimal-invasive OP-Techniken zur Verfügung stehen, die auch hochbetagten und nicht narkosefähigen Patienten zumutbar sind, sollte die Dauerkatheterisierung keine Dauerlösung sein. Muss der Katheter dennoch längere Zeit verbleiben, wird die Blase von der Bauchwand oberhalb des Schambeins aus punktiert (suprapubischer Katheter).

Operative Therapie. Medikamente können eine Operation jahrelang hinauszögern, meist aber nicht verhindern. Unerlässlich ist eine Operation, wenn Harnverhalte oder Harnwegsinfektionen immer wiederkehren, wenn eine Hämaturie (Blut im Urin) länger besteht und/oder zusätzlich Blasensteine vorliegen oder wenn sich eine durch eine Prostatavergrößerung ausgelöste Nierenschädigung abzeichnet.

Je nach erhobenem Befund operiert der Urologe ambulant mit Mikrowellentherapie (TUMT) in lokaler Betäubung oder in Narkose endoskopisch zumeist mit Hilfe einer Hochfrequenzstrom führenden Metallschlinge, die durch die Harnröhre eingeführt wird (Transurethrale Resektion der Prostata, TUR-P, TUR-Prostata, Elektroresektion). Unter Vollnarkose „hobelt“ er mit der Metallschlinge die vorstehenden Anteile der Prostata ab (ähnlich der TUR-B).

Nach dieser Operation ist die Ejakulation nach außen oft vermindert oder fehlend, wodurch der Hauptanteil des Ejakulats in die Blase gelangt (rückläufige Ejakulation), was gerade für jüngere Patienten ungewohnt ist. Deshalb wird, wenn die Prostata nur gering vergrößert ist, nur eine Minimalvariante der TUR-P vorgenommen, die TUIP (Transurethrale Inzision der Prostata). Bei ihr wird nur eine kleine Kerbe in die Prostata geschnitten (Prostatakerbung). Leider ist das Resultat der TUIP oft ungenügend und das Wasserlassen verbessert sich nicht ausreichend.

Ähnliches gilt für die TUNA (Transurethrale Nadelablation der Prostata), bei der Nadeln über die Harnröhre in die Prostata platziert werden. Diese Operationstechniken sind nur Patienten zu empfehlen, bei denen ein TURP nicht in Frage kommt. Nach der Operation treten häufig Harnverhalte auf, da sich das zerstörte Prostatagewebe nur langsam abstößt. Da mit dieser Methode oft nur unzureichende Ergebnisse erzielt werden, sind Zweiteingriffe notwendig.

Von den Ergebnissen mit denen der TUR-P vergleichbar ist der Eingriff mit dem Holmium-Laser, durch den das Prostatagewebe wie mit einem Schnitt entfernt werden kann – vorteilhafter ist die niedrigere Komplikationsrate. In letzter Zeit wird auch der Greenlight-Laser vermehrt eingesetzt, der zusätzlich Prostatagewebe „verdampft“ und damit ebenfalls Vorteile gegenüber anderen Laserverfahren bietet.

Bei Patienten mit stark erhöhtem Narkoserisiko wird in einigen Fällen eine TUMT (= Transurethrale Mikrowellentherapie der Prostata) ohne Narkose durchgeführt. Über dünne Sonden, die in die Harnröhre eingeführt werden, wird die Prostata auf Temperaturen über 55 °C erwärmt.

Nur bei einem Gewicht von mindestens 80 Gramm wird die vergrößerte Prostata in einer offenen Operation über einen Bauchschnitt entfernt, da sich so die Operationszeit verkürzen lässt.

Im Unterschied zur Operation des Prostatakrebses werden bei der Operation der gutartigen Prostatavergrößerung Prostatakapsel und Samenblasen nicht entfernt; deshalb sind mögliche Komplikationen der Operationen völlig unterschiedlich.

Neben den üblichen Operationsrisiken tritt bei der Operation der Prostatavergrößerung wegen der kräftigen Prostatavenen manchmal eine stärkere Nachblutung auf. Deshalb muss in den ersten 12–24 Stunden nach der OP ein Katheter in der Blase verbleiben, über den die Blase aus großen Beuteln mit Spüllösungen ständig gespült wird, um eventuell entstandene Blutgerinnsel in der Blase sofort abzuleiten.

Selbsthilfe

Maßnahmen zur Verringerung von mechanischen Reizungen können die ursächlich verantwortlichen Wachstumsfaktoren zwar nicht beeinflussen, doch tragen sie bei einer mäßig vergrößerten Prostata zur Linderung der Beschwerden bei:

Vermeiden Sie langes Sitzen: Stehen Sie z. B. bei überwiegend sitzenden Tätigkeiten immer mal wieder auf und gehen Sie einige Minuten auf und ab.

Ihre Unterwäsche sollte bequem, d. h. nicht zu eng sein.

Unterdrücken Sie den Harndrang nicht: Je häufiger die Blase entleert wird, desto geringer ist die Gefahr, dass die Blase überfüllt bzw. überdehnt wird.

Sorgen Sie für regelmäßigen Stuhlgang, damit nicht zusätzlich Druck auf Blase und Harnwege entsteht.

Komplementärmedizin

Der Stellenwert alternativmedizinischer Verfahren ist bei diesem Krankheitsbild gering, da bei leichten Beschwerden sowieso meist gut verträgliche pflanzliche Mittel eingenommen werden. Am ehesten sind hier noch homöopathische Substanzen wie Conium bei nächtlichem Wasserlassen oder Sabal serrulata bei abgeschwächtem Harnstrahl zu empfehlen.

Vorsorge

Eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend sekundären Pflanzenstoffen schützt vermutlich – nach den bisher vorliegenden Daten – durch die vorhandenen Phytophenole auch vor einer Prostatavergrößerung. Einem Teil von ihnen, den Phytoöstrogenen (schwach östrogenartig wirkende Pflanzenbestandteile etwa in Sojabohnen, Spinat und Brokkoli) wird eine vorbeugende Wirkung gegen Prostatakrebs nachgesagt, indem sie die Ausprägung der hormonellen Veränderungen im Alter mindern.