Endokarditis

Endokarditis (Herzinnenhautentzündung, Herzinnenwandentzündung): Entzündung der Herzinnenhaut, meist durch Besiedelung mit Bakterien oder Pilzen (infektiöse Endokarditis), überwiegend an den Herzklappen.

Die infektiöse Endokarditis ist eine gefährliche Erkrankung, die in der Regel mit einem längeren Krankenhausaufenthalt verbunden ist. Für etwa 18 % der Betroffenen verläuft sie tödlich und bei über 30 % ist ein chirurgischer Eingriff an der zerstörten Herzklappe erforderlich.

Eine Sonderform der Endokarditis ist die Schädigung der Herzklappen durch (akutes) rheumatisches Fieber. Erreger eitriger Hals- und Mandelentzündungen, also Streptokokken der Gruppe A, können eine Antikörperbildung auslösen, die fälschlicherweise auch mit körpereigenem Gewebe reagiert und es schädigt. Dadurch kommt es etwa zwei Wochen nach der Halsentzündung zur nichtinfektiösen Endokarditis (abakterielle Endokarditis). Sie ist Teil des rheumatischen Fiebers, das außerdem mit Entzündungen der Gelenke und der Haut einhergeht.

Im Vordergrund dieser durch ein Autoimmungeschehen bedingten Entzündung steht der Befall der Mitralklappe. Häufig schrumpft dadurch im Verlauf der nächsten Jahre und Jahrzehnte die Mitralklappe und verengt sich, Mitralklappenstenose. Ein rheumatisches Fieber lässt sich durch eine frühzeitige antibiotische Behandlung der Streptokokken-Angina verhindern. Da dies seit vielen Jahren praktiziert wird, ist das akute rheumatische Fieber in den Industrieländern mittlerweile zu einer seltenen Erkrankung geworden.

Leitbeschwerden

  • Fieber, Schüttelfrost, nächtliches Schwitzen
  • Allgemeine Schwäche, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust
  • Gelenk- und Muskelschmerzen, Kopf- und Rückenschmerzen
  • Kleinste Hauteinblutungen an Handflächen und Fußsohlen
  • In fortgeschritteneren Stadien Zeichen der Herzinsuffizienz

Wann zum Arzt

Am gleichen Tag, wenn eine fieberhafte Infektion verbunden ist mit

  • Atemnot.
  • Ödemen.
  • Hauteinblutungen.
  • Blut im Urin.

Die Erkrankung

Das Endokard, die innere Auskleidung des Herzens, hat stets Kontakt zum fließenden Blut und damit auch zu den Bakterien und Pilzen, die immer wieder für kurze Zeit im Blut zirkulieren. Schon bei alltäglichen Tätigkeiten wie dem Zähneputzen gelangen Mundkeime ins Blut, erst recht geschieht dies bei ärztlichen oder zahnärztlichen Eingriffen und fieberhaften Infekten. Ein gesunder Organismus macht diese Erreger in nur wenigen Minuten unschädlich. Bei schlechter Abwehrlage kann diese kurze Zeit aber ausreichen, dass sich Erreger an der Herzinnenhaut ansiedeln und dort festsetzen.

Besonders anfällig sind bereits vorgeschädigte Herzklappen, wie dies z. B. bei degenerativ veränderten, verkalkten Klappen oder während eines akuten rheumatischen Fiebers der Fall ist. An infektiöser Endokarditis erkranken daher bevorzugt ältere Menschen. Weitere Risikofaktoren sind intravenöser Drogenkonsum und Fremdkörper im Herzen, wie z. B. künstliche Herzklappen. Die Endokarditis kann eine Herzklappe weitgehend zerstören und funktionsunfähig machen.

In Abhängigkeit von der Aggressivität des Erregers unterscheidet man eine akute und eine subakute Form der Endokarditis. Bei einer akuten Endokarditis kommt es innerhalb kürzester Zeit, oft schon innerhalb von 24 Stunden, zu massivem Fieber, Schwäche und Gelenkbeschwerden. Die subakute Endokarditis verläuft schleichender und eher schubweise, daher wird die richtige Diagnose oft erst nach Wochen und Monaten gestellt.

Komplikationen. Entzündliche Vorgänge an Herzklappen führen in der Regel zu rasenartigen oder fadenförmigen Auflagerungen auf den Klappen, den Klappenvegetationen. Wenn sich diese bakterienhaltigen Klappenvegetationen ablösen und fortgeschwemmt werden, führt dies zu Durchblutungsstörungen und Keimverschleppungen in andere Körperteile bzw. Organe. Daneben bringt auch der immunologische Abwehrkampf des Körpers zusätzliche Gefäßschäden in den betroffenen Organen mit sich. Diese Mechanismen sind verantwortlich für Symptome bzw. Komplikationen wie

  • Nierenfunktionseinschränkung mit Blut im Urin.
  • Kleinste punktförmige Hauteinblutungen (Petechien), auch in Auge oder Gaumen.
  • Bakterielle Einschleppungen (Embolien) mit der Folge von Abszessen, z. B. in Gehirn, Niere oder Milz.
  • Schmerzhafte rötliche Knötchen an den Fingerbeeren, Handflächen und Fußsohlen (Osler-Knötchen).

Das macht der Arzt

Bei Endokarditisverdacht werden mehrfach Blutkulturen angelegt, um den Erreger zu züchten und zu identifizieren, damit der Arzt das wirksamste Antibiotikum auswählen kann. Bei der körperlichen Untersuchung achtet er auf Einblutungen der Haut und Schleimhäute. Beim Abhören des Herzens fallen gelegentlich Herzgeräusche auf. Im Herzecho und vor allem in der transösophagealen Echokardiografie sind Klappenvegetationen oder kleine Abszesse der Herzinnenhaut zu erkennen. Das EKG hilft nur dann, wenn der angrenzende Herzmuskel von der Entzündung mit erfasst wird (Begleitmyokarditis).

Die wichtigste Therapie ist eine vier- bis sechswöchige Antibiotikabehandlung, die schon bei Krankheitsverdacht beginnt und bei Nachweis des Erregers angepasst wird.

Schlägt diese Therapie nicht an, sondern verschlechtert sich die Klappenfunktion, muss der Herzchirurg die infizierte Klappe operativ entfernen und eine Kunst- oder Bioklappe (vom Schwein) einsetzen. Große Klappenvegetationen mit Embolien (z. B. mit schlaganfallähnlichen Durchblutungsstörungen im Gehirn) erfordern mitunter eine vorbeugende Klappenoperation.

Vorsorge

Stark endokarditisgefährdet sind Patienten, die schon einmal an einer Endokarditis erkrankt waren und Patienten mit künstlicher Herzklappe oder schwerem angeborenem Herzfehler. Hier empfehlen Ärzte vor Untersuchungen und operativen Eingriffen, bei denen bekanntermaßen Bakterien in die Blutbahn gelangen, eine vorbeugende Antibiotikaeinnahme (Endokarditisprophylaxe), in der Regel eine einmalige Antibiotikagabe kurz vor dem Eingriff. Diese Empfehlung gilt für Maßnahmen wie operative Eingriffe in Nasen-Rachen-Raum, Magen-Darm-Trakt, im Bereich infizierter Harnwege, vor Entbindungen, bei Spiegelungen mit einem starren Endoskop, z. B. Lungen- oder Blasenspiegelungen, bei operativen Behandlungen von Abszessen oder bei zahnärztlicher Behandlung mit Blutungsgefahr (z. B. Zahnextraktion). Nach den neuesten Leitlinien medizinischer Fachgesellschaften in den USA von 2007 soll bei Vorhof- und Kammerseptumsdefekt, hypertrophischer obstruktiver Kardiomyopathie, Mitralklappenprolaps, rheumatisch bedingten Herzerkrankungen und bei verkalkter Aortenklappenstenose entgegen bisheriger Empfehlungen auf eine Antibiotikaprophylaxe zukünftig verzichtet werden, weil die Endokarditisgefahr durch derartige Eingriffe nicht weiter ansteigt.

Selbsthilfe

Lassen Sie sich einen Herzpass ausstellen, den Sie bei allen ärztlichen Eingriffen vorlegen. Darin ist ein Behandlungsvorschlag für die Anitbiotikaprophylaxe vermerkt.

Achten Sie als Risikopatient auf eine gute Zahnhygiene, aber vermeiden Sie aggressives Zähneputzen (mit Zahnfleischbluten). Am besten verwenden Sie eine elektrische Zahnbürste mit weichen Borsten.

Schrecken Sie bei bakteriellen Infektionen nicht vor einer frühzeitigen und ausreichend langen antibiotischen Therapie nach Absprache mit Ihrem Arzt zurück.

Für Urlaubsreisen lassen Sie sich am besten eine Vorratspackung verschreiben, die Sie dann bei Bedarf einsetzen können.